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der Chiemsee-Schifffahrt

Geschichte der Chiemsee-Schifffahrt

Seit mehr als 175 Jahren bringen die Chiemsee-Dampfer ihre Gäste ganzjährig sicher und bequem über den See und auf die Inseln.
 

Die Anfänge...

In der 40er Jahren des 19. Jahrhundert war das Reisen noch beschwerlich. Der Weg zwischen München und Salzburg konnte nur zu zu Fuß, mit dem Pferd oder der Kutsche bewältigt werden. Um diese Zeit hatte man von der Errungenschaft der neuen Dampftechnik im bayerischen Süden vermutlich nur in der Zeitung gelesen. Umso erstaunlicher war es, dass der Zimmerermeister Wolfgang Schmid aus Grassau die Idee für einen Linienverkehr auf dem Chiemsee hatte, mit dem Ziel die Reise zwischen München und Salzburg kürzer und komfortabler zu gestalten. Den Rumpf baute er selbst, die Dampfmaschine konstruierte Hofbrunnenmeister Franz Höß und die Kesselanlage kam vom Kupferschmied Josef Feßler, beide aus München.

Besonders schnell scheint dieser erste Chiemsee-Dampfer nicht gewesen zu sein: Das Aufzeichnungsbuch der Abtei Frauenwörth berichtet von der ersten Probefahrt am 5. Mai 1845 "... es ging sehr langsam, so dass ihm die gewöhnlichen Schiffe leicht nachfuhren und es einholten." Über die erste Linienfahrt am 12. Mai ist nichts überliefert, bekannt ist aber, dass bereits 1846 ein neuer Rumpf gebaut werden musste, da der erste der Belastung durch Dampfmaschine und Schaufelräder nicht gewachsen war. Auch die Kesselanlage litt unter dieser Belastung und musste mehrfach mit dem Furwerk nach München zur Reparatur gebacht werden. So verlor Wolfgang Schmid bald die Lust an seiner Unternehmung und verkaufte 1849 das Schiff an seinen Kessellieferanten Josef Feßler, der bereits am 25. Februar 1848 die "Bewilligung zur Fortsetzung der Dampfschifffahrt" erhalten hatte.

 

Was das erste Dampfschiff aus Eisen - die HERZOG MAXIMILIAN - mit einem Sägewerk verbindet...

Der zweite und dritte Schiffsrumpf hatten nur 4 bzw. 7 Jahre gehalten und so erhielten im Jahr 1858 die Maffeiwerkstätten in München den Auftrag zum Bau eines eisernen Dampfschiffs. Vom Stapel lief die HERZOG MAXIMILIAN am 14. Mai 1859 und nahm auch sofort den Linienverkehr auf.

Joseph Feßler hatte sich schon während des Baus seines neuen Dampfschiffes Gedanken gemacht, wie die teuere Anschaffung auch außerhalb der kurzen Sommersaison genutzt werden könne. Holz gab es rund um den See genügend, Holzstämme ließen sich flößen und ein Sägewerk in unmittelbarer Nähe gab es auch noch nicht. Also wurde ein Sägewerk und ein Kanal errichtet. Über den Kanal konnte nun das neue Dampfschiff HERZOG MAXIMILIAN nahe an das Sägegatter heranfahren. Die Schaufelräder wurden abmontiert und eine Riemenscheibe an einem Achsende des Dampfers befestigt. Über einen Gurt ließ sich jetzt die Dampfkraft der Maschine an das an Land fest verankerte Sägegatter übertragen.

 

Ein Zuschussgeschäft...

Allerdings wurde im Jahr 1860 auch die Bahnlinie München - Salzburg fertig gestellt. Der eigentliche Zweck der Schifffahrt, die "Abkürzung" über den See wurde damit nicht mehr gebraucht. Zwangsläufig brachen die Fahrgastzahlen ein, zeitweilig musste der Schiffsbetrieb sogar eingestellt werden.

 

König Ludwig II, ein Schlossbau und die Rettung der Schifffahrt...

Bereits seit 1803 war das Augustiner Chorherrenstift auf der Herreninsel aufgelöst, der Dom teilweise abgebrochen und im Kirchenschiff eine Brauerei installiert. Als die Insel an Holzspekulanten verkauft werden sollte, schritt König Ludwig II. von Bayern ein, der die abgeschiedene Lage der Insel für sich und sein neues Schloss entdeckt hatte. 1878 begann der Bau des Prunkschlosses Herrenchiemsee, beim Transport der Unmengen von Baumaterial musste auch das Feßler`sche Dampfschiff viele Lasten über den See schleppen. Dies sorgte nach all den mageren Jahren für eine Stabilisierung der Finanzlage. Schon während der Bauzeit der Schlossanlage stieg das Fahrgastaufkommen, denn viele Neugierige wollten einen Blick auf die Großbaustelle werfen.

Als nach dem Tod Ludwigs II. im Jahre 1886 das Schloss zur Besichtigung freigegeben wurde, wollte die Kette der Besucher nicht mehr enden. Das einzelne Dampfschiff  HERZOG MAXIMILIAN war schnell zu klein und so wurden kurzfristig der königliche Schleppdampfer und zwei eiserne Lastenkähne, die eigentlich dem Materialtransport dienten, zur Gästebeförderung eingesetzt und ein zusätzliches Dampfschiff in Auftrag gegeben. Der neue Dampfer LUIPOLD wurde wieder von Maffei geliefert und konnte bereits 1887 seinen Betrieb aufnehmen. 

Jetzt war nur noch eine Lösung für die 2 Kilometer Entfernung zwischen Bahnhof und Hafen zu finden. Schließlich reisten nahezu alle Gäste mit dem Zug an und es hatte sich ein ziemlich ungeregelter Verkehr mit allen Arten von Fuhrwerken entwickelt. Um diesem unfallträchtigem Treiben Einhalt zu gebieten wurde der Bau einer Schmalspurbahn beauftragt, den die Localbahn Actiengesellschaft (LAG) von Kommerzienrat Georg Krauss zügig abwickelte, so dass die Chiemsee-Bahn am 10. Juli 1887 ihren Betrieb aufnehmen konnte.

 

Weltkriege, Wirtschaftskrise und die Nachkriegsjahre...

Während der Jahre des 1. Weltkriegs ging das Fahrgastaufkommen stetig zurück und nach dem Krieg wurden die zunehmende Verarmung der Bevölkerung sowie die Inflation zum Problem. Im Jahr 1923 kostete die Fahrt zur Fraueninsel in der 1. Klasse stolze 1,6 Millarden Mark! Nach der Währungsreform verbesserte sich aber die wirtschaftliche Lage und bereits 1926 konnte das neue Flaggschiff LUDWIG FESSLER in Dienst gestellt werden.

Von Schäden im 2. Weltkrieg blieb die Schifffahrt weitgehend verschont. Zwar mussten mehr und mehr Bedienstete ihre Uniform wechseln und an die Front ziehen. Dann wurde die Kohle knapp und schließlich mussten die größeren Schiffe stillgelegt werden. Mit den kleineren Schiffseinheiten wurde die Versorgung der Inseln aufrecht erhalten, bis auch dieser Verkehr zum Erliegen kam und von Mai bis Juli 1945 nur noch Ruderboote eingesetzt werden konnten.

Durften zunächst nur Amerikaner die Herreninsel besuchen, normalisierte sich die Situation ab 1946 ganz allmählich. 1948 tagte der Verfassungskonvent auf der Herreninsel und formulierte das Grundgesetzt der Bundesrepublik Deutschland.

Seit damals wurde die Flotte immer wieder angepasst und modernisiert und deshalb ist der Chiemsee mit der Fraueninsel und der Herreninsel bis heute ein beliebtes Ausflugsziel für Gäste aus dem In- und Ausland.

 

 

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Über die Geschichte der Schifffahrt am Chiemsee gibt es auch ein Buch. Das Buch ist bei der Chiemsee-Schifffahrt erhältlich:

 

"Die Schifffahrt am Chiemsee - Schiffe und Menschen auf dem Bayerischen Meer" von Arno Berleb, 160 Seiten, 2005 Editon Förg der Buchhandlung Förg GmbH in Rosenheim, Herausgeben von der Chiemsee-Schifffahrt Ludwig Feßler KG, ISBN 3-933708-16-8.

 

Information und Bestellung direkt bei der Chiemsee-Schifffahrt unter Tel. +49 (0)8051-6090 oder per Mail an info@chiemsee-schifffahrt.de.


Raddampfer "Ludwig Fessler"

Die gute alte Zeit erleben auch heute noch Nostalgiker auf dem historischen Raddampfer "Ludwig Fessler".

Im Frühjahr 1927 wurde der Salondampfer "Ludwig Fessler" in Dienst gestellt. Der Raddampfer wurde von der Regensburger Werft Theodor Hitzler gefertigt. Der Dampfkessel und die Maschine stammte von J. A. Maffei in München.

 

Zusammengesetzt wurde das Schiff ab dem Frühjahr 1926 in Prien am Chiemsee. Es war ein turbulentes Treiben: unablässig wurden Bauteile angeliefert, es wurde gehämmert und genietet, geschreinert und gemalert. Alle Beteiligten fieberten mit Spannung der Fertigstellung des 53 m langen und 11,60 m breiten Schiffes entgegen.

 

Mit seinem eleganten Aussehen, dem geschmackvollen Salon und dem einzigartigen Ambiente entwickelte sich der Dampfer schnell zu einem beliebten Ausflugsschiff. In den bitteren Kriegsjahren stand der Raddampfer "Ludwig Fessler" still, da die Besatzung an der Front und die Kohlen knapp waren. Erst 1949 wurde der Raddampfer für die nun ständig wachsende Zahl von Fahrgästen wieder eingesetzt.

 

Mit dem Umbau 1972/73 wurde dem Kohlezauber ein Ende gesetzt. Damals wurde die Dampfmaschine durch einen modernen Dieselantrieb ersetzt. Statt 7-Mann-Besatzung waren jetzt nur noch 3-Mann notwendig. Die Romantik des Schaufelraddampfers ist aber auch nach dem Umbau erhalten geblieben.

Noch heute ist der Raddampfer ein echter "Hingucker" und eine Fahrt mit ihm ein besonderes Erlebnis. 


Kurioses

Amüsante Geschichten und spektakuläre Transporte.

Für jeden Transport gibt es eine Lösung...

Die Chiemsee-Schifffahrt transportiert nicht nur Personen und Baumaterial zu den Inseln. Wenn es erforderlich ist, werden auch ungewöhnliche Frachten zu den Inseln durchgeführt. Ob Viehtransporte oder - wie im Jahr 1931 - für die Fraueninsel auch mal ein ganzes Blockhaus. Ob es sich hierbei um einen Prototyp eines Hausbootes handelte ist leider nicht überliefert.

 

Die Rauchschwalben vom Raddampfer LUDWIG FESSLER...

Im Radkasten des LUDWIG FESSLER nisteten in früheren Jahren Rauchschwalben. Vor Wasserspritzern der Schaufelräder geschützt und von neugierigen Blicken der Fahrgäste versteckt bauten sie ihr Nest hinter einem Spant im Radkasten. Das hektische Treiben an den Stegen und auf dem Dampfer schien die Schwalben nicht zu stören. Im Nest sitzend oder fliegend begleiteten die Schwalben das Schiff auf all seinen Fahrten.